KL-08 - Dalmatinische Inseln 2013 - Lagerplatzbilder, Teil 2

 

verfasst 2013 - geändert am 23.07.2013

 

Im zweiten Teil meiner Lagerplatzbilder von unserer Dalmatienrundfahrt 2013 stelle ich weitere Ruhe- und Übernachtungsplätze vor, damit man einen Überblick über unsere bevorzugten Camps erhält. 

 

Während der Nächte hatten wir an keinem einzigen Tag Regen. Dafür war es aber oft sehr windig und mit den Mücken, mit den großen und den kleinen, war heuer überhaupt nicht zu spaßen. In einigen Nächten, überwiegend aber in der Abend- und Morgendämmerung herrschten bereits skandinavische Verhältnisse. Insbesondere die letzte Nacht unserer Seekajaktour, wieder auf die Mikro-Insel Mali Krbela zurückgekehrt, mussten wir einsehen, dass heuer die Mückenplage auch das Mittelmeer erreicht hatte. So verlegten wir in dieser Nacht unseren Schlafplatz von dem anheimelnden Plateau auf die kargen Felsenplatten unten am Wasser. Als uns dann die Mücken dort ebenfalls nicht in Ruhe ließen, baute Suomalee im Schein der Stirnlampe gegen Mitternacht, wieder auf unseren angestammten Platz zurückgekehrt, ihr Zelt auf. Dann hatten wir von den Plagegeistern unsere Ruhe und konnten endlich einschlafen, Kräfte sammeln für die letzten Kilometer unserer Seekajaktour.

 

 

Bild 1: An der Nordwestecke der Insel Vis erstreckte sich ein aufgelassenes militärisches Sperrgebiet mit einem großen Anleger. Wir nannten diese Stelle die „Titobucht“. Der legendäre „Partisanenführer“ Tito hatte während des 2. Weltkriegs hier auf der Insel sein Hauptquartier. Entsprechend militärisch war diese Insel abgesichert. Wir hatten die aufgelassenen Bunkeranlagen an der Nordwestecke besichtigt und zur Genugtuung deren permanenten Verfall registriert. Eigentlich wollten wir auf der ausgedehnten Plattform übernachten. Aber der Maestral hatte an diesem Nachmittag stark zugenommen, sodass wir uns einen windgeschützten Platz neben dem der Bucht umlaufenden Schotterfahrweg ausgesucht hatten, um dort unsere Matten aufzulegen. Am nächsten Morgen waren die Schlafsäcke vom Tau leicht feucht. Aber die aufgehende Sonne trocknete unsere Ausrüstung sehr schnell und nach dem Morgenkaffee konnten wir alles wieder trocken verpacken und in die Kajaks verstauen.

 

 

Bild 2: Morgengrauen in der „Möwenbucht“ im Norden der Insel Budikovac / Vis: Von hier aus starteten wir kurz nach Sonnenaufgang die Überfahrt zu der Insel Hvar. Ich wollte auf alle Fälle den Törn sicher hinter mich gebracht haben, bevor der Maestral wieder einsetzen würde. Unser Ziel, die Stadt Hvar, lag genau zwischen der rechten und der mittleren Insel in einer Entfernung von rund 23 km mit einem Kurs von 45 Grad, also Nordost. Wir konnten die Lichter der Stadt in der Nacht eindeutig sehen. Der Steuerkurs ergab dann 40 Grad, wenn man die diesjährige Missweisung und die Rundung mit berücksichtigte.

 

Wegen des auffrischenden Windes hatten wir das Tarp dieses Mal sturmsicher aufgestellt und wegen des Geruchs von den Hinterlassenschaften der Möwen die Bodenabdeckung überlappend aufgelegt, damit der herbe Duft von Vogelkot und Verwesung nicht schon zwischen den Bodenplanen aufsteigen konnte. Dennoch haderte Lee die ganze Nacht mit diesen sie abstoßenden Gerüchen.

 

Es macht natürlich einen Unterschied, ob man in der Stadt oder auf dem Land aufgewachsen ist und dort lebt. Wer sich als Städter in die Natur begibt, wird zwangsweise mit diesen Gerüchen konfrontiert werden und die unbekannten Düfte vermehrt wahrnehmen. Aber Moder und Verwesung, explizit an Brutplätzen, auch die Gerüche auf dem Land und Bauernhof (Ställe) gehören zur Natur, im Gegensatz zu den Benzin- und Dieseldämpfen und dem gesamten Mief eines Wohnblocks, eines Bahnhofviertels, einer Gewebe- und Industrieansiedlung, die für die Großstadt charakteristisch sind. Jeder, der diese für ihn so fremden Gerüche wahrnimmt, wird sie als Gestank bezeichnen. Den Geruch/Gestank einer Verlandungszone bei einem See (z.B. den Auslauf des Ammersees bei Stegen, wenn man die Amper hinunterfährt) nimmt ein Landmensch anders wahr als ein Stadtbewohner. Ich persönlich habe dabei noch einen weiteren Vorteil, dass ich mit unangenehmen Düften leichter zurechtkomme: Mein Geruchssinn ist wegen einer Operation an der Nase in meiner Jugend nicht sehr ausgeprägt! Was ich auf einer Seite als wünschenswert ansehe, einen Gestank leichter ertragen zu können, wirkt sich andererseits als Hemmnis aus, die angenehmen Düfte von Blumen, Kräuter, Gewürzen und Speisen nicht so unmittelbar wahrnehmen zu können. Da habe ich mir von Lee so manche erstaunte Bemerkung anhören müssen, wenn sie sich wieder einmal sehr gewundert hat, dass ich das Kraut, das Meer, die Macchia ... nicht gerochen habe.

 

Die kleine Insel Budikovac beherbergte unweit unseres Lagers ein kleines schmuckes Restaurant, in dem ich für unser Abendessen Dosenbier erstanden hatte. Als ich die Wirtin, die so in meinen „jugendlichen" Jahren war, ansprach, dass ich hier vor 11 Jahren bereits durch Zufall einmal übernachtet hatte und das damals urige Restaurant noch ein Schafstall gewesen und sogar bei Einheimischen ein Geheimtipp war, lächelte die alte Dame verständnisvoll. Ich erzählte ihr auch, dass ich seinerzeit mit dem Schäfer und „Hobby-Wirt“ und einem seiner Gäste als Dolmetscher die Entfernung von der „Römerquelle“, ein aus der Antike stammendes Süßwasserbecken in einer Kaverne im Nordosten der Insel, zum Schafstall mit GPS für eine Wasserleitung vermessen hatten. Sichtlich von meinem „Insiderwissen“ erstaunt, meinte sie dann: „Ja, das war mein verstorbener Gatte, der seinen Schafstall in dieses kleine Restaurant umgebaut hatte und anstelle der Schafe, dann Gemüse züchtete, dank der Wasserleitung, die er vor rund 10 Jahren von der „Römerquelle“ bis hierher verlegt hatte.“

 

 

Bild 3: Die Morgensonne hatte uns in unserer „Zistenen-Wohnung“ geweckt: Mit der Überfahrt zur Stadt Hvar hatten wir Pech: Eine starke Gegenströmung ließ die direkte Überfahrt zur Tortour werden. Deshalb hatten wir uns, nach ein paar Versuchen, nach Hvar zu gelangen, entschlossen, mit der Strömung nach Westen abzufallen und wieder um das Westkap von St. Klement zu paddeln, so wie wir bereits vor fünf Tagen gekommen waren. Wir hatten auch vereinbart, wieder in die bekannte, windsichere Bucht Sviracina zu unserer „Zisternen-Wohnung“ zurückzukehren, falls wir auf dem Weg dorthin nichts Passendes finden würden. Aber alle angesteuerten Buchten waren entweder zu eng, bewohnt, gesperrt oder mit Jachten belegt. Wir waren sehr froh, als wir die Bai mit der abseits gelegenen Zisterne nach knapp 33 km sicher erreicht hatten und richteten uns im Schatten der Pinien erneut gemütlich ein. Die Besitzerin des Hauses, eine Engländerin, die sich hier niedergelassen hatte, lächelte und begrüßte uns: „Nice to see you again!“ Dieser Lagerplatz war bestimmt einer der bemerkenswertesten auf unserer heurigen Seekajak-Reise. 

 

 

Bild 4: Die Bucht östlich des Kaps Kabal auf der kleinen Halbinsel nördlich der Stadt Stari Grad auf der Insel Hvar. Hier booteten wir aus und machten es uns noch einmal auf einer Zisterne gemütlich. Ein Pfad führte zu einer alten Bunkerruine mit langen in den Fels gesprengten Gängen, die uns direkt unheimlich geworden waren, zu einigen Aussichtsplattformen (Beobachtungsständen) mit einem außerordentlichen Rundblick zu den Inseln Brac und Solta. Dort genossen wir auch den Sonnenuntergang. Einige Leute kamen vorbei, die ebenfalls das Abendrot beobachten wollten. Ein Schotterweg führte nämlich von Stari Grad hierher zu einem kleinen Parkplatz. In der Dämmerung, nachdem sich die Besucher wieder auf die Rückfahrt begeben hatten, verfiel die Bucht erneut in ihren Märchenschlaf.

 

 

Bild 5: Grabova, eine kleine Bucht auf der Insel Solta: Hier übernachteten wir auf einem großen Anleger. Allerdings hatte sich Lee darauf einen Platz ausgesucht, an dem sie das Glucksen des Wassers, das in den aufgeschütteten Felsbrocken unter dem Stegs unentwegt sein „Wiegenlied“ sang und dieses, durch den schon merklich ausgewaschenen, bereits teilweise eingefallenen Untergrund als Resonanzkörper, verstärkt wahrnahm. So wurde das „Schlummerlied“ zu einem unangenehmen lauten, nicht gerade ihren Schlaf fördernden Geräusch. Da half am nächsten Tag nur ein starker Cowboykaffee, um wieder auf die Beine zu kommen. 

 

 

Bild 6: In dem unbewohnten mittleren der drei Meeresfinger, die sich zu der größeren Bucht Tatinja auf der Südseite der Insel Solta vereinigten, legten wir eine Rast ein. Ich hatte sie mir auch als Lagerplatz vermerkt. Während der Einfahrt in die Bai sah alles grandios aus: ein schöner Kiesstrand und ein kleines Plateau über dem Ufer - eigentlich ein idealer Ort zum Übernachten. Bei näherer Betrachtung stellten wir aber fest, dass der Strand relativ schmal und steil abfiel. Auf dem ebenfalls sehr engen Absatz war eine mit Steinen befestigte Grube in den Boden eingelassen, sodass hier keine Lagermöglichkeit vorhanden war. Wir waren ein wenig enttäuscht. Für einen Solopaddler hätte es gereicht, zu zweit fanden wir aber alles zu winzig. Trotzdem legten wir hier eine Pause ein, denn in Lees Kajak hatte sich die Steueranlage gelockert, die ich reparieren konnte. Im Bild kramte ich gerade meinen Reparaturbeutel hervor, den ich in die Spitze meines Bootes gestopft hatte. Die Instandsetzung verlief problemlos, weil das nötige Werkzeug am Bord war. Allerdings hatte ich meine Ringschlüssel und Schraubendreher genau auf meinen Kajak abgestimmt. Zum Glück passten Teile meines Werkzeugs auch bei Lees Kajak. 

 

 

Bild 7: Auf Veli Drvenik, am Kap Starica, fanden wir einen von Felsen abgeschirmten kleinen Kiesstrand und relativ ebene Felsplatten. Das Arrangement gefiel uns so sehr, dass wir hier einen weiteren Ruhetag einlegten. Uns stand sogar ein Badebecken zur Verfügung und ein äußerst interessantes Gelände zum Spazierengehen, um den Strand und die Felsformationen zu erforschen und SEIGL zu suchen. Während der größten Hitze am Nachmittag, nachdem sich die Felsen stark aufgeheizt hatten, spannte ich das Tarp provisorisch auf, bis sich der Schatten von den Klippen und aufgeschichteten Steinwänden dann soweit ausgebreitet hatte, dass wir auch dort die Kühle des Windes genießen konnten. Die Schnüre musste ich mit großen Steinen abspannen und so manche Böe ließ einen Steinturm gefährlich wackeln, einmal sogar einstürzen. Da hatte ich schon einen sehr schweren Brocken anschleppen müssen, damit das ganze wieder hielt.

 

 

Bild 8: Nach Rogoznica trafen wir vor der Bucht, die zur neuen, aus dem Erdboden gestampften, Marina Kremnik führte, auf einen kleinen Strand, auf dem wir unser Lager aufschlugen. Allerdings war diese Minibucht auch bei den Badegäste aus der Marina sehr beliebt, sodass bis zur Dämmerung ein reges Treiben am Strand herrschte. Dann kehrte langsam Ruhe ein ... bis Mitternacht, als eine Gruppe junger Männer mit Taschenleuchten den Fahrweg, der um die Bucht führte, singend des Weges kamen.

 

Lee und ich hatten in dieser Situation schon einige Bedenken, vermuteten wir, dass es sich bereits um sehr angeheiterte Personen handelte. Unter dem Tarp verhielten wir uns völlig ruhig, allerdings auf das äußerste angespannt. Der Trupp zog jedoch vorbei, ohne uns zu belästigen. Scheinbar hatten die Leute nicht erkennen können, wer sich alles unter der Plane verbarg. Sicherheitshalber löste ich das Paddel von der Paddelleine und legte es neben mich, falls sie wider Erwarten zurückkommen sollten. Notfalls hätte ich mein Paddel als „Bo“, den Kampf-Stock der Asiaten, einsetzen müssen. Ich möchte hier lieber nicht diskutieren, ob es etwas genutzt hätte. Die Schläge hatte ich zwar bei uns im Bado eingeübt, sie aber bisher in der Praxis noch nicht anwenden müssen. Im Nachhinein überlegte ich mir aber, dass es sich wohl kaum um angetrunkene Hafenarbeiter gehandelt hatte. So wie sie gesungen, Lee meinte sogar, es wären Deutsche gewesen und mit den Taschenlampen herumgefuchelt hatten, tippte ich mehr auf eine Jugendgruppe, die eine Nachtwanderung veranstaltete und deren Ausgelassenheit wir missdeutet hatten. Der Rest der Nacht verlief dann aber überaus ruhig und wir konnten sogar noch einmal einschlafen.

 

 

Bild 9: Wieder zurück an unserem Ausgangspunkt in Srima. Es war nicht derselbe Strand, aber ein guter und gebührenfreier Platz neben einem Campingplatz, um die Boote auf den Wagen zu hieven. Während Lee ihr Auto holte, entleerte ich meinen Kajak und verpackte alles in Tragetaschen, damit das Beladen des Fahrzeugs schneller vonstatten gehen konnte.

 

Fazit:

 

Neunzehn Tage waren wir auf dem Wasser unterwegs, mit 16 Paddeltagen und 3 Ruhetagen. Wir hatten durchwegs schöne bis sehr schöne Lagerplätze gefunden. Manche hatte ich bereits vorher gekannt und genutzt. Allerdings konnte ich nicht garantieren, dass diese Plätze nach 11 Jahren genauso aussahen, wie ich sie in Erinnerung hatte. Manche Standorte, die ich über Google Earth ausgekundet hatte, waren relativ schmal und auch sehr steil, sodass sie zu einem Lager für zwei Personen weniger taugten. Für eine Person hätten sie aber sicherlich ausgereicht. Das Rätsel, wie weit die Buchten und Strände vermüllt waren, artete für uns immer zu einem Quiz aus, über dessen Ausgang wir hätten Wetten abschließen können, sofern wir in die Fraktion der Glücksritter eingestiegen wären.

 

Während der Paddeltour hatten wir mit der einheimischen Bevölkerung überhaupt keine Probleme. Alle waren nett und hilfsbereit. Dieses gute Verhältnis sollte man als Outdoor-Aktivist unbedingt bewahren, damit wir auch weiterhin unserem Hobby frönen können und von den Einheimischen als gleichberechtigte Partner anerkannt und nicht als Touristen zum Abzocken auserkoren werden. Es liegt an uns selbst, wie wir durch unser Verhalten ein gutes, allgemein akzeptiertes Image als Seekajakfahrer aufbauen. Bis jetzt scheinen wir, noch eine halbwegs überschaubare Anzahl von Meerespaddlern, auf dem richtigen Weg zu sein. Es ist aber zu befürchten, dass sich das Seekajaking in ähnlicher Weise wie das Chartergeschäft der „Jachtler“ (mit Segel und/oder Motor) entwickeln wird - vom Individualismus hin zu einem Massenboom mit allen schrecklichen negativen Auswirkungen.

 

Dasselbe gilt auch für den Erhalt der sauberen Strände! Lee und ich haben grundsätzlich offenes Feuer vermieden. Das ist alleine schon wegen der Waldbrandgefahr notwendig, von der Verschandelung der Strände mit den vielen dunklen Brandflecken einmal ganz abgesehen. Eine Feuerstelle pro Strand, auch wenn sie an dem schönsten Platz entstanden ist, kann noch akzeptiert werden. Warum muss aber jeder sein eigenes „romantisches“ Lagerfeuer abbrennen? Unseren gesamten nicht verrottbaren Müll haben wir wieder mitgenommen. So haben Lee und ich nicht kleine, sondern überhaupt keine Spuren der Zivilisation hinterlassen und niemand hat am Tag darauf feststellen können, ob hier jemand gelagert hat oder nicht.

 

Wenn Ihr weitere Lagerplatzbilder zu diesem Beitrag einsehen wollt, kann ich Suomalees Reisebericht: "Seekajakherz reloaded & die Geschichte vom Wellenkamm" wärmstens empfehlen: Ab "hier" beginnen ihre entsprechenden Artikel mit weiteren Bildern zu diesem zweiten Abschnitt.

 

Über die Erfahrungen zur Fahrtechnik und Navigation werden ich in den nächsten Beiträgen berichten.