BG-22 - Wissen wiegt nichts!

 

verfasst 2015 - geändert am 06.04.2015

 

Wenn man sich einmal überlegt, wann, wo und wie man in eine Survival-Situation geraten kann, wird man entsetzt feststellen, dass in den wenigsten Fällen eine ausgeklügelte Überlebens-Strategie vorhanden ist. Dieser Mangel tritt in der Regel während den beiden Katastrophenfällen ein:

- draußen in der Natur, beim Seekajaking oder auf Reisen,

- zu Hause in der Wohnung, Stadt, im Haus usw.

 

Beim geplanten Survivaltraining oder auf Wandertouren hat jeder Outdoorler sicherlich sein selbst zusammengestelltes Überlebens-Set dabei. Was aber führt man außerhalb dieser Survival-Events, Wochenend-Trips und Urlaub-Trekking-Touren mit sich? Meist gerät man in eine gefährliche Situation z.B. im Alltag, auf Geschäftsreisen, in der Freizeit usw. Hat da ein jeder seine wohldurchdachte Ausrüstung dabei? Ich bin mir auch nicht sicher, ob man heute einen Reisenden mit einer Survivalausrüstung am Körper noch in ein Flugzeug lässt. Ich erinnere dabei an das Rambo-Schwert, der Urahn der „modernen“ Überlebenshardware. (Smiley: „Plafond-Blick“)

 

Weitere, völlig anders gelagerte, Survival-Situationen entstehen bei örtlichen oder weltweiten Heimsuchungen, zum Beispiel bei Natur- und Umwelt-Katastrophen oder während bürgerlichen Unruhen bis hin zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Gerade in Europa vermehren sich meines Erachtens in der jetzigen Zeit (im Jahr 2015) Demonstrationen, Proteste, Krawallen und Aufstände. Ob und wann diese besorgniserregende Situation zu einer gewalttätigen Eskalation kulumiert, wage ich nicht zu prognostizieren. Gut aber, wenn man sich darauf einstellt und auch vorbereitet ist.

 

Weil wir, insbesondere die heutige Generation, seit den letzten 70 Jahren noch keinen Krieg mit der Zerstörung unserer gesamten Lebensgrundlage erlebt haben, denkt wohl niemand nach, dass auch hier in unserem Lande eine Notlage, also eine Survival-Situation direkt vor unserer Haustür, entstehen könnte. Habt Ihr schon einmal darüber nachgedacht, wie man während eines solchen Desasters überleben kann? Könnt Ihr Euch eigentlich vorstellen, ohne modere Hilfsmittel über eine längere Zeit zurecht zu kommen, wie zum Beispiel bei nicht mehr akzeptierten Zahlungsmitteln ohne: Strom, Heizöl, Gas, Nahrungsmittel, sauberes Wasser, medizinische Versorgung, ohne den Tante-Emma-Laden um die Ecke oder den Discounter auf der grünen Wiese usw.?

 

Auf dem Land mit seinen eingesessenen, festen sozialen Bevölkerungsstrukturen (jeder kennt jeden, jeder hilft jedem), ohne merkellicher Überfremdung, kann man eine solche Situation noch einigermaßen erträglich überstehen - aber in der Stadt? Zu den Mängeln bei der Versorgung, zu der heutigen verschiedenartigen Zusammensetzung der Einwohner infolge des Zuzugs aus dem In- und Ausland (Schlagwort: Multikulti - hier verbunden mit dem Sicherheitssmiley: „Lächeln“) gesellen sich im Extremfall dann noch Terror zwischen den ethnischen Gruppen, Gewalt gegenüber den Schwächeren, Diebstahl, Raub, Plünderung - im Allgemeinen das Chaos genannt - hinzu!

 

Wenn man alleine lebt, tut man sich noch relativ leicht: Ich habe zum Beispiel meine gesamte Ausrüstung zum „Abhauen/Untertauchen“, neuhochdeutsch: „disappearance“, schon längst zusammengestellt und bevorratet, und ich weiß, was ich im Notfall einpacken muss. Wenn man aber Familie hat, geht das nicht so einfach, da bleibt in der Regel nur übrig, sich im eigenen Heim einzuigeln und zu versuchen, mit dem Wenigen was man zur Verfügung hat, zurecht zukommen. - Möge solch ein schwelendes Szenario hier bei uns nie eintreten!

 

In meinem Beitrag BG-01, „Der wichtigste Ausrüstungsgegenstand“ (klicke: “hier“) habe ich bereits das für mich wichtigste Ausrüstungsutensil zum extremen Überleben (Out- und Indoor) vorgestellt - das eigene Gehirn. Vorausgesetzt ist allerdings, dass es zuvor richtig ausgestattet, programmiert und der Datenspeicher gefüllt worden ist.

 

Ich habe im Outdoorbereich schon immer darauf hingewiesen, dass man umso weniger schleppen muss, je mehr man weiß! In irgendeinem Forum steht ein bemerkenswerter Slogan, der es noch viel kürzer ausdrückt: „Wissen wiegt nichts!“ Wohlgemerkt, diese Aussagen beziehen sich auf reines Survival, also die „Hardcore-Version“ des Überlebens oder auf die Minimalstausrüstung der Spezialisten von der „Ultra-Light-Fraktion“ und nicht auf das selbstgewählte Outdoorleben mit einem hohen Aufwand an mitgeführter Bequemlichkeit, vom kuscheligen Schlafsack über das Komfortzelt mit optimaler Küchenausstattung, umfassender Outdoor-Elektronik bis hin zum modernsten Transport-Equipment, mit dem man dann das alles befördern kann.

 

In den beiden Grenzfällen heißt das: Bei maximalem Wissen benötigt man ein Minimum an Ausrüstung. Da muss man nicht einmal ein Messer dabeihaben (siehe meinen Beitrag BP-11, „Messerbau im Survival-Fall“, klicke: “hier“). Je geringer die Kenntnisse aber sind, umso mehr muss man dafür mitnehmen, einschließlich den Merkblättern auf denen findige Ausrüster, das allerwichtigste Wissen aufgelistet haben. Zum Beispiel wie man einen reißenden Fluss oder eine tiefe Schlucht mit Hilfe eines darüber gespannten Seiles überquert, wobei nicht beschrieben wird, wer das Seil für diese einzige Aktion am anderen Ufer wo und wie befestigt hat. (Smiley: „Kopfschütteln“) Ohne die praktische Erfahrung und den gesunden Menschenverstand sind diese Informationen allerdings überhaupt nicht zu gebrauchen und deshalb nur rausgeschmissenes Geld. Außerdem merkt man sich das Wenige, das auf diesen „Überlebens-Karten“ verzeichnet ist, nach dem ersten Durchlesen sowieso! - Der Durchschnittssurvivalist, wie auch ich einer bin, wird sich irgendwo zwischen den beiden Extremen wiederfinden.

 

Ich habe hier das wichtigste Equipment eines Menschen noch einmal in Erinnerung gebracht, weil die Kommentare in den einzelnen Foren immer wieder darauf abzielen, mit sehr viel Energie das optimale Survival-Pack, mit allen elektronischen Finessen (LED-Leuchte, Handy, GPS, Smartphone, Tablet-PC, digitale Bild- und Video-Kamera, Audio-und CD-Player, Voice- und Video-Recorder, Weltempfänger für Radio-und Fernseh-Empfang, Satelliten-Telefon oder eine Kombination von all dem und natürlich der entsprechende Solar-Lader zusätzlich - hier erneut verbunden mit dem entwaffnenden Smiley: „Zwinkern“) zusammenzustellen ... aber die grundlegenden Kenntnisse des Lebens in der freien Natur außer Acht lassen. Außerdem können allgemeines Wissen, praktische, gute handwerkliche und haushaltstechnische Kenntnisse und die erworbene Lebenserfahrungen nicht verloren gehen, auch nicht gestohlen oder zerstört werden.

 

Dass das allgemeine Bildungsniveau bei uns drastisch heruntergefahren wird, ist leider eine Tatsache. Kein Wunder also, wenn man die nötigen Zusammenhänge im praktischen Leben und Überleben immer weniger versteht und schon bei der Lösung kleinster Probleme, die Grenzen erreicht und im Internet recherchieren muss. Wehe dem, wenn in einem Katastrophenfall oder schlimmer noch, wenn bei einer kriegerischen Eskalation dieser Informationsdienst einfach abgeschaltet wird. Da nützt selbst das allerbeste Smartphone nichts mehr und man ist vom Informationspool abgeschnitten und auf sich selbst gestellt. (Smiley: „Staunende Augen“)

 

Man muss sich nur einmal vorstellen, welches breite Wissen, fundamentale Kenntnisse, weitreichende Erfahrungen und handwerkliche Fertigkeiten die Nachkrigsgeneration noch gehabt hat, um in der damals zerstörten Welt zu überleben. Fragt einmal Eure Groß- oder Urgroßeltern, was die alles noch ohne große technische Hilfsmittel geschaffen haben. Um Kleidung abzuändern, haben noch die handwerklichen Fähigkeiten des Nähens und Schneiderns ausgereicht und man war nicht einmal auf eine Nähmaschine angewiesen. Wer kann das noch in unserer heutigen Wegwerfgesellschaft? Man hat auch noch das Schlachten und Zerwirken gelernt und gekocht hat man mit dem einfachsten Geschirr und auf simpelsten Feuerstellen und mit gesuchtem Wildgemüse, weil man damals nichts anderes gehabt hat (Wildgemüse: eine Wiederentdeckung der modernen, alternativen Küche mancher Gourmet-Tempel - siehe dazu auch meine Beiträge ab BR-05, „Ourdoor-Risotto mit Wildgemüse“ und folgende, klicke: “hier“ oder gehe einfach in das Inhaltsverzeichnis unter „soloreisender.de ---> SR-Basis ---> SR-Basis-Rezepte“. Wasch-, Bleich- und Reinigungsarbeiten waren ohne Waschmaschine und ohne neumodischen chemischen Mitteln (z.B.: Aufwändige Dünnsäureverklappung der Industrie wird heute, sogar mit enormen Gewinnen, via Toilettenreiniger, Kalkentferner, Desinfektionsmittel, Haushaltscleaner usw., großflächig über die ganze Welt verteilt, durchgeführt, ähm: Smiley: „Breites Grinsen“.) möglich. Räuchern, Trocknen, Einsäuern, Einwecken von Lebensmitteln zur Vorratshaltung galten damals als Grundkenntnisse und wurden von Generation auf Generation weitergereicht.

 

Glücklich darf sich derjenige schätzen, der noch auf die alten Haushaltsbücher aus der Nachkriegs- oder sogar Vorkriegszeit zurückgreifen kann. Darin ist viel mehr beschrieben, als das, was wir heute in Survivalkursen, in der Überlebensliteratur und in den einschlägigen Foren mitbekommen. Ich persönlich bin froh, in meiner kleinen Ratgeber-Bibliothek auf diese nostalgischen Weisheiten zurückgreifen zu können, in der die „alten Künste“ noch enthalten sind. Glücklich kann auch derjenige sein, der außerdem einen soliden, vielseitigen Beruf erlernt hat, weil er dadurch sein Wissen, seine Kenntnisse und Erfahrungen nutzen kann. Vorteilhaft für das Outdoorleben „war“ auch die Grundausbildung beim Militär, insbesondere wenn man sie als Bereicherung und nicht wie es so mancher „passive, alles negierende“ Wehrpflichtige als notwendiges Übel angesehen hat.

 

Versteht mich bitte nicht falsch. Ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn man seine Ausrüstung mit modernen Materialien optimiert; das mache ich ebenso. Aber bei jedem Ausrüstungsgegenstand und Hilfsmittel sollte man auch dessen Grenzen kennen und wissen, wie, wo, wann man diese verwenden und auch reparieren kann. Das setzt aber voraus, dass der enorme Speicher im Oberstübchen entsprechend dem Verwendungszweck gezielt programmiert, angepasst, gefüllt wird und dann auch einsatzbereit ist.

 

Mit diesem kleinen Beitrag möchte ich wieder einmal daran erinnern, dass man das Basiswissen und die handwerklichen Grundkenntnisse nicht kaufen kann, auch nicht über das Internet und das Know-how sich jeder selbst aneignen und erproben muss. Genügend Ideen, Tipps und Tricks finden sich ja in den zahlreichen einschlägigen Outdoorforen - man muss sie nur für sich selbst entsprechend anpassen. Kein Forum kann aber einem das eigenständige Denken und Üben abnehmen! - Im echten Survivalfall muss man auch ohne jegliche Ausrüstung aus- und durchkommen können. Daher dieser Appell immer wieder zur Erinnerung!

 

Wenn sich ein Leser bei diesem Beitrag eventuell auf den Schlips getreten fühlt, sollte er ihn einfach als Persiflage betrachten. Die darin herausgelesene Satire kann er natürlich gerne behalten.

 

PS: Survival-, Bushcraft-Training oder Trekking-Touren (siehe Rüdiger Nehbergs Deutschlandmarsch im Jahre 1981, (zu finden unter: http://nehberg.netblox.de/menschenrechte/yanomami/1.der-deutschlandmarsch.htm oder klicke: “hier) ohne irgend ein zusätzliches Hilfsmittel, nur mit der Kleidung am Leib, von mir aus auch in moderner Top-High-Tech-Ausstattung - das heißt: Outdoorleben in der wahren „Ultra-Ligth-Ausführung“ - könnte meinetwegen sogar zu einer neuen Trend-Sportart mutieren, nach dem Motto: „Maximales Wissen, minimale Ausrüstung“. Allerdings könnten dann so manche  

Outdoor-Enthusiasten nicht mit ihrem Equipment im Biergarten Bewunderung hervorrufen. (Smiley: „Gesenkter Blick“)