KR-06 - Stürme in Griechenlands Süden

   

verfasst 2011 - geändert am 01.12.2011

 

Die großen Stürme in der südlichen Ägäis und im Ionischen Meer, vom Peloponnes über Kreta bis nach Rhodos treten in der Regel in der Winterzeit auf. Durch einen Fetch von über 400 Kilometern können sich Wind und Wellen allmählich aufbauen und das Land und die Inseln erreichen, dann allerdings mit einer Gewalt, dass es Häuser wegreißt. Das sind meist illegal errichtete Wochenendhäuser und die örtlichen Behörden kümmern sich kaum darum, denn sie kennen die selbstreinigenden Kräfte der Natur, die die Schwarzbauer mit Wind und Wellen schon bestrafen werden.

 

Die Stürme im Sommer sind eher rar und auch nicht so heftig, obwohl sie einem Paddler schon einmal einen längeren Aufenthalt aufzwingen können. Belanglos ist das aber, wenn man an einem schönen, ruhigen Fleckchen sein Lager aufgeschlagen hat und mit Essen und Trinken ausreichend versorgt ist. Das ist auch der Grund, warum ich meine Ausrüstung minimiere und dafür mehr Lebensmittel mitnehme, eben um länger autark sein zu können. So konnte ich auf der Insel Kea in aller Ruhe mein gebrochenes Karbon-Paddel (high-tech = leicht und nicht stabil!?) soweit instandsetzen, dass es fast noch die ganze Reise durchhielt. Das waren immerhin noch über 2.000 Kilometer.

 

Auf den Fotos wirken die Wellen vom Boot aus meist harmloser als sie sind. Leider hatte meine Schnorchelkamera letzte Jahr Seewasser geschluckt, das ihr nicht gut bekommen war. Ich hatte sie nämlich zum ersten Mal bei Sturm an Deck, um hohe Wellen zu photographieren. Das hat sie mir bereits am zweiten Tag sehr übel genommen! Deshalb ist es mir nicht möglich, mit Photos von Stürmen und hohe Wellen aufzuwarten.

 

Anstelle der Bilder eine kleine Geschichte:

 

Ich kann mich nur einmal an einen richtig schweren Sturm erinnern, bei dem kleine Fähren nicht mehr ausgelaufen sind. Das war 2003 auf Rhodos. Ich war in der Früh zur Überfahrt von rund 45 Kilometer nach Karpathos aufgebrochen. Nach rund 2 Stunden (etwa 10 km, ich musste gegen die kurzen Wellen mit rund 3 Beaufort anpaddeln) bemerkte ich die Wetteränderung. In der Ferne zogen im Nordwesten schwarze Wolkenauf, wie eine Nebelwalze, die bedrohlich heranrollte und alles verschlang. Der Wind frischte merklich auf. Mein Entschluss war da schnell gefasst: Ich kehrte um und paddelte zurück. Der Wind wurde kräftiger und die Wellen höher. Mit diesem Doppelschub direkt von hinten erreichte ich nahezu in der halben Zeit das Südkap „Prasonisi“ von Rhodos und paddelte in das Lee des Kaps. Als ich nach 4 km der Ruhe die Landzunge zwischen Prasonisi und Rhodos passierte, fegte der Sturm durch den Düseneffekt über die Lagune und ich hatte alle Mühe, nicht abgetrieben zu werden. Erneut im Windschatten an der Ostküste von Rhodos war es wieder ruhig. In einer kleinen schönen Bucht landete ich an und schlug für diesen Tag vorzeitig das Lager auf. Der Sturm tobte auf der anderen Seite und ich merkte kaum etwas.

 

Als ich dann gemütlich unter dem Tarp im Schatten saß (Die aufsteigende warme Luft über der Insel von Rhodos bewirkte das Sichauflösen der Wolken noch bevor sie die Insel erreicht hatten oder deren Ablenken zum offenen Meerhin.), beobachtete ich das Schauspiel der weißen Wellenkämme weit draußen auf See und der vorbeifliegenden Wolkenfetzen, die der Nebelfront folgten. Im meinem Tagebuch vermerkte ich damals folgenden Satz (hab' extra nachgeblättert, ihn aber für die Homepage in eine allgemein verständliche Sprache übertragen): „Wieder etwas dazugelernt! Besser hier bequem mit meinen vier Buchstaben auf der weichen Matte hocken und einen (könnten auch mehrere gewesen sein) Schluck aus dem Flachmann (Ouzo) genießen, als jetzt dort draußen im Boot zu sitzen und ständig versuchen zu müssen, nicht baden zu gehen!“

 

Nach drei Tagen erreichte ich Rhodos-Stadt am anderen Ende der Insel ohne große Schwierigkeiten. Wind und Wellen bewegten sich zwar zwischen 4 und 5 Beaufort, beeinträchtigten aber keineswegs die Fahrt. Nur in den Hafen in Rhodos musste ich gegen den starken Wind ankämpfen. In der Nacht lief die große Fähre mit einigen Stunden Verspätung wieder nach Kreta aus. Am Morgen stampfte sie zwischen Karpathos und Kreta noch gewaltig gegen die extrem hohe Dünung, die von der offen See kam, an und beim Eintauchen des Bugs spritzte die Gischt bis zum Leitstand hoch. Ein Offizier erklärte mir, dass es die Tage zuvor über 8 Beaufort waren. Deshalb konnten auch die kleineren Fähren nicht mehr auslaufen.

 

Letztendlich hatte dann doch die Vernunft gesiegt! Das hat weder etwas mit Feigheit noch mit Ängstlichkeit zu tun und gehört ausschließlich zur Risikoabschätzung mit der entsprechenden Abwägung des eigenen Könnens mit seinem Sicherheitsbedürfnis.

 

Es sind solche Erlebnisse, die einen Seekajaker vorsichtig werden lassen, auch wenn alles mit einem guten Ausgang verbunden ist. Ich habe in diesen Tagen im Jahre 2003 sehr viel über Wetter, Wind und Wellen gelernt und mir geschworen, lieber rechtzeitig zurückzustecken und das Draufgängertum sein zu lassen. Ja durch solche Vorfälle wird man sehr schnell bescheiden! Und ich habe aus diesen Erfahrungen wieder einen Menge dazugelernt, das ich in Zukunft beherzigen werde.