KR-18 - Vom Umgang mit der Obrigkeit auf dem Balkan - Teil 4

 

verfasst 2012 - geändert am 23.11.2012

 

Dass ich die Grenze zu Bulgarien überschritten hatte, erkannte ich daran, weil mich ein uniformiertes Grenzpolizistenpaar vom Ufer aus anrief, ich solle anlanden. Es konnten nur Bulgaren sein, denn die rumänische Obrigkeit hatte sich an der gesamten Küste des Schwarzen Meeres noch nie blicken lassen. Die Grenzkontrolle erfolgte wie bei der auf der Donau. Nachdem der „Chef“ des Duos meinen Pass eingesehen und sein Adjutant alles aufgenommen und per Funk weitergemeldet hatte, erklärte er mir, ich müsse nach Balčik fahren, zum Einklarieren. Es wären rund 14 km bis dorthin.

 

Ich dachte mir, das schaffst du noch an diesem Tag. Nach etwa drei Stunden und 15 km sah ich aber weit und breit noch keine Stadt. Ich fragte einen Fischer, der meinte, es wären von hier etwa 30 Meilen. „Das kannst du vergessen, unmöglich die 55 km an diesem späten Nachmittag noch zurückzulegen! Das ist ja eine Strecke für einen ganzen Tag“, mutmaßte ich und fand mich deshalb damit ab, wieder eine Nachtfahrt einzulegen, falls ich keinen passenden Lagerplatz mehr finden würde, weil die Küste vom Flach- zum Steilufer übergegangen war.

 

Auch die Grenzpolizei blieb aktiv. Immer wieder sah ich einen ihrer Geländewagen am Uferweg auftauchen, mit zwei Männern besetzt, von denen der Beifahrer mich mit dem Feldstecher beobachtete. Ich winkte mit meiner Kappe zu ihnen hinüber und manchmal erwiderte man meinen Gruß. Die permanente Überwachung der Bulgaren funktionierte auch im Südabschnitt ihres Landes recht gut.

 

Kurz vor Sonnenuntergang bemerkte ich in einer kleinen Bucht etwas Helles aufblitzen und fuhr an Land. Es war ein schmaler Streifen Kies und ich bootete aus. Ich schlug das Lager auf und begab mich dann bald zur Ruhe. Zuvor begrüßte ich noch meinen jungen Beobachter, der oben auf der Klippe im fahlen roten Licht der sich senkenden Sonne saß und mir zuschaute. Auch er winkte mir freundlich zurück. Die nonverbale Kommunikation klappte hier ausgezeichnet.

 

Bei strahlender Sonne erreichte ich am nächsten Tag gegen Mittag endlich Balčik, Der Grenzer gestern gab zwar „fourteen kilometres“ an, wollte aber vermutlich „forty“ sagen und meinte nicht Kilometer sondern Seemeilen.

 

Ich fuhr zur Station der Grenzpolizei. Von einem ihrer Boote aus verwies man mich zu einem kleinen Häuschen in der Nähe, vor dem eine Dame und ein Herr, beide in Uniform, standen. Ich paddelte hin und erkannte sie schon von weitem als Offizielle der Einreisebehörde, weil sie mir zu- und dann zu sich her winkten. Ich fragte sie auf englisch, ob sie schon auf mich gewartet hatten und mit einem breiten Grinsen wurde dies bejaht. Dann wollten sie wissen, warum ich solange für die Strecke benötigt habe und ich erklärte ihnen von den falsch verstandenen Entfernungsangaben und dass man mit rund einem dreiviertel PS in einem Kajak nicht in der selben Zeit eine Strecke zurücklegen kann, wie mit einem Motorboot mit 250 Pferdestärken.

 

Danach kam auch noch der Chef der Einreisebehörde und weil ich wegen der steilen Böschung schlecht aussteigen konnte, vereinbarten wir, uns an ihrem Büro bei den Fischerbooten zu treffen. Dort konnte ich bequem an einem Strand ausbooten. Der Hafenmeister empfing mich bereits und die Formalitäten gingen dann auch von der Einreisebehörde routiniert vonstatten. Ich erhielt meinen Pass abgestempelt zurück, mit der Bitte, in Burgas die Ausreiseformalitäten zu erledigen. Als ich den Behördenleiter auf die „Einreisegebühr“ vom Grenzübertritt an der Donau ansprach, meinte der nur schmunzelnd: „Ach, wissen Sie, dort oben im Norden haben wir eine gemeinsame Grenze mit Rumänien, da sind solche Formalitäten schon notwendig. Hier unten an den goldenen Stränden von Bulgarien brauchen wir keine Visa und deshalb auch keine Gebühren. Hier bei uns im Süden geht das alles ohne Probleme, ohne Schmuggel und ohne illegale Grenzgänge.“

 

Weil ich kein Dokument für das Boot hatte, machte der Hafenmeister noch eine Kopie von meinem Pass. Er sprach recht gut deutsch und er erzählte, dass er zur Ausbildung in Leipzig gewesen war und dort deutsch gelernt hatte. Wir unterhielten uns noch eine längere Zeit über meine Tour und über die Ausstattung des Kajaks und auch einige private Details kamen nicht zu kurz. Scheinbar wollte der Hafenmeister seine Deutschkenntnisse auffrischen. Dann wünschten mir alle einen angenehmen und „kontrollefreien“ Aufenthalt in Bulgarien.

 

Das Wetter war den ganzen Tag nichts Besonderes, mal bedeckt, dann wieder Sonne, immer Wind von seitlich vorn, nur in der Bucht von Burgas blies er von hinten und die Wellen halfen mit 4 - 5 Bft nach. Ich konnte nicht einmal an einem Strand an Land gehen, ohne gehörig nass zu werden. Deshalb fuhr ich in den Handelshafen von Burgas und fand dort einen Slip und einen notdürftigen Übernachtungsplatz an einer Rampe, den ich vom Platzwart aus auch für diesen Zweck benutzen durfte.

 

Es erschien ein Mitarbeiter von der Passkontrolle, den mich ohne Widerrede aufforderte, mitzukommen, um die Passformalitäten zu erledigen. Wir fuhren mit seinem Dienstwagen, einem alten, nahezu schrottreifen Lada, zu dem Gebäude, am anderen Ende des Hafens. Er konnte aber nichts mehr ausrichten, weil sein Kollege, der die Siegelhoheit besaß und mir den Stempel in den Pass drücken sollte, schon nach Hause gegangen war. Also forderte er mich etwas kleinlaut auf, morgen früh nochmals zu erscheinen. So konnte ich doch wie geplant und und wie ich dem Grenzer schon zuvor erklärt hatte, morgen erst die Passkontrolle hinter mich bringen. Wenigstens brachte er mich wieder mit dem Vehikel zu meinem Lagerplatz zurück, was ich als sehr angenehmen Service empfand.

 

Wieder ein kleiner Ausflug ins Lagerleben: Es war sehr windig und ich verzog mich alsbald in den Schlafsack. Der Lagerplatz war zur Wetterseite offen, nur durch den Kajak geschützt. Der Wind zerrte so stark an dem Tarp, das ich auf der betonierten Rampe nur notdürftig hatte abspannen können, sodass ich es abbaute, bevor der Sturm es mir zerriss oder „entführte“. Der Wind war im Schlafsack nicht so schlimm, zumal er nicht eiskalt war und ich trockene Klamotten angezogen hatte. Der Regen aber ließ nicht lange auf sich warten. Erneut kramte ich die Plane heraus, befestigte sie sturmsicher in gewohnter Weise am Kajak, der auf der Luvseite Regen und Wind abhielt und zog sie einfach über mich. Aber der Wind blies sie mir immer wieder weg und ließ sie wie eine Fahne flattern. So stopfte ich die losen Enden auf der Lee- und an der Fußseite unter die Unterlage, was sie mir auf dem rauen Beton sehr übel nahmen und am Rand etwas aufscheuerten. Später verstärkte ich sie an den abgeriebenen Stellen sicherheitshalber mit Klebeband. Alles andere war dann nur noch Wind und Regen! Aber ich überstand relativ gut die Nacht und konnte sogar recht angenehm schlafen.

 

In der Früh lugte ich unter der Plane hervor, und sah nur grauen Himmel - dasselbe wie gestern! Um 06.00 Uhr machte ich mich auf den Weg zur Passkontrolle. Die Plane hatte ich zuvor notdürftig gesichert, damit sie trocknen konnte, auch die Schlafsachen ließ ich einfach liegen. Die Kontrollstation war von der Hafenseite aus noch zugesperrt, ebenso das Hafentor. So kletterte ich einfach über die rund 3 m hohe Holzwand des Tors und ließ mich auf der anderen Seite hinunter. Das habe ich ja im Grundwehrdienst zur Genüge exerziert.

 

In der Passkontrollstelle bat man mich erst nach 08.00 Uhr zu erscheinen, weil die zuständigen Beamten noch nicht da seien. Ich suchte deshalb eine Bäckerei, fand sie, trank einen Kaffee und gab dort meine restlichen Lewa aus. Dann schlenderte ich zum „Checkout“ zurück. Es dauerte eine dreiviertel Stunde, bis sie mich abgefertigt hatten und mein Reisepass abgestempelt war. Sicherheitshalber gab ich an, bis zur türkischen Grenze mindestens drei Tage zu benötigen (90 km Streckenlänge und ein Etmal von 30 km). Dann fuhr mich der Beamte, es war der selbe wie der von gestern, wieder mit dem klapprigen Lada zum Hafen, um meine Angaben zu meinem Boot zu überprüfen. Nachdem das geschehen war, verabschiedete er sich freundlich und ich begann, meine Ausrüstung zusammenzupacken. Der Einstieg in das Boot war wegen der anrollenden Wellen etwas wackelig, aber ich kam ohne baden zu gehen in den Kajak.

 

Die Grenze wollte einfach nicht kommen. Immer wieder dachte ich, das ist der Grenzbach. Erst bei einer weiten Bucht sah ich Wachtürme auf der bulgarischen und eine Moschee auf der türkischen Seite.

 

Nach dem Kap steuerte ich den Ort Limanköy an, um zu erfahren, wo man die Grenzkontrolle durchführen kann. Ich fuhr direkt zum Kreuzer der Küstenwache und fragte nach. Man bat mich höflich aber bestimmt anzulanden. In einiger Entfernung sichtete ich eine Treppe. Dort konnte ich ausbooten und den Kajak auf dem Steg ablegen. Ein Matrose holte mich ab.

 

Nach einigem Warten erschien ein junger Offizier mit einem Matrosen. Seine Ärmelstreifen wiesen ihn als Teğmen, also einen Leutnant zur See, aus. Er bat mich auf englisch, unter einem Pavillon Platz zu nehmen. So jung der Leutnant auch war, so konsequent war die Kleiderordnung nach britischem Vorbild, inklusive Aktenmappe und dem obligatorischen Stöckchen. Seine erste Frage an mich war: „Möchten Sie Tee?“ und ohne meine Antwort abzuwarten, forderte er seinen „Burschen“ auf, Tee zu servieren.

 

In einem ungezwungenen Gespräch fragte er mich nach meinem Aufenthalt in der Türkei und sah meinen Pass ein. Dann erklärte er mir, die Passkontrolle sei im Hafen Ambarh in Istanbul. Auf der Karte erklärte er mir den Port, der unmittelbar südlich des Goldenen Horns lag, gleich hinter dem Kap. Dann zeigte er mir in der Zeitung den aktuellen Wechselkurs der türkischen Lira (1 Euro = 1,834 Mio Lira), damit man mich nicht übervorteilen, besser gesagt, nicht übers Ohr hauen konnte. In den nächsten Ortschaften gäbe es keine Bank, man müsse auf der Straße wechseln, meinte er oder in einem Hotel, wenn ich übernachten würde. Dann setzte sich das Gespräch mit privaten Themen fort. Bei der Mannschaft schien ich als Exote zu gelten. Viele standen an der Reling des Kreuzers und schauten meiner Abfahrt zu.

 

Der Trip durch den Bosporus gestaltete sich als sehr aufregend und die Sage von den Argonauten lief in meinen Gedanken wie in einem Film ab, als sie durch die Symplegaden, das sind die Kyaneischen Felsen oder eben der Bosporus, ruderten. Aber die Felsen schlossen sich bei mir nicht und erdrückt wurde ich auch nicht, nicht einmal von einem der zahlreichen riesigen Containerschiffe! Ich konnte sogar wieder die Kurven anschneiden, weil ich auf die großen Pötte aufgepasst hatte und denen ich immer rechtzeitig ausgewichen war. Trotzdem gewann ich in der Phantasie den Eindruck, die Felsen würden sich zusammenschieben, als ich durch die enge windungsreiche Passage paddelte.

 

Dann kam Istanbul in Sicht: Hier spielte sich ein Schiffsverkehr ab, den ich noch nie zuvor erlebt hatte. Fähren, Touristenboote, Küstenmotorschiffe, Handelskähne, Fischer, große und kleine Containerschiffe, Jachten, Luxuskreuzer ... und alle schipperten kreuz und quer, über und durch die Einfahrt des Bosporus, zwischen den Stadtteilen hin und her, die sich an beiden Seiten der Meerenge in das Land hineingefressen hatten. Nur die Wasserpolizei ließ sich nicht blicken. Ich kam nur minimal zum Schauen und konnte die Sehenswürdigkeiten kaum betrachten, weil ich auf den Schiffsverkehr um mich herum höllisch aufpassen musste, keinem der Schiffe zu nahe zu kommen. Ich paddelte über das Goldene Horn, an der Galatabrücke vorbei, umrundete das Kap mit dem Topkapi-Palast und dem historischen Zentrum von Konstantinopel und ehe ich es mich versah, war ich rund 15 km weitergefahren und am Flughafen angelangt.

 

Nach den Angaben in der Seekarte des Offiziers war der Hafen zum Einchecken ein relativ kleiner Port. Aber ich hatte ihn nicht gefunden. Ich sah zwar den Haupthafen von Istanbul auf der Südseite von der Landzunge, den ich aber wegen des starken Schiffsverkehrs gemieden hatte. Außerdem bestand er aus meiner Sicht nur aus hohen Kais, die zum Ausbooten für einen Paddler überhaupt nicht geeignet waren. Selbst wenn ich in diesem riesigen Hafen irgendwo einen Slip oder Strand gefunden hätte, wäre der Weg zur Passkontrolle vermutlich sehr weit gewesen, sodass ich den Kajak und meine gesamte Ausrüstung hätte für längere Zeit ohne Aufsicht lassen müssen. Dieses Risiko wollte ich nun dennoch nicht eingehen! Vermutlich war der Hafen zum Einklarieren, den mir der Leutnant gezeigt und erklärt hatte, ein kleiner Teil in Istanbuls Haupthafen.

 

Aus dem gegebenen Anlass hatte ich mich entschlossen, ohne Einreiseformalitäten durch die Türkei zu paddeln. Bei einer Kontrolle musste ich mir dann eine Ausrede einfallen lassen. Gut ich hatte ja in Limanköy einchecken wollen und mein Pass ist auf alle Fälle kontrolliert und für in Ordnung befunden worden. Zur Not müsste ich mich auf den netten Offizier von der Grenzwache berufen. So war ich auch in die Türkei ohne offizielle Passkontrolle und ohne Stempel unterwegs, in der Hoffnung, nicht erwischt zu werden.

 

Meine Hoffnung war nicht getrübt worden. Während des gesamten Trips durch die Türkei wurde ich nicht ein einziges Mal von behördlicher Seite kontrolliert.

 

Im Kanal von Çanakkale schnitt ich wieder die Kurven. Prompt brachte mich die Küstenwache auf, als ich einer Fähre mit kräftigen Paddelschlägen ausgewichen war. Der Schiffsführer meinte, ich solle mich lieber mehr an das Ufer halten, als mitten im viel befahrenen Schifffahrtskanal. Er verstand dies als eine kleine Belehrung aus Sicherheitsgründen für mich selbst, sowie für die gesamte Schifffahrt. Als ich ihm erklärte, woher ich gekommen war und wohin ich wolle und dass ich auf ähnliche Weise durch den Bosporus und durch ganz Istanbul gepaddelt war, ließ er sich von meinen fahrtechnischen Kenntnissen und meinem ausdrücklichen Sicherheitswillen überzeugen und wünschte mir noch eine schöne, angenehme Reise.

 

Viele Türken, die in Deutschland gearbeitet hatten, ließen sich an der Küste westlich von Istanbul nieder, so dass sich die Bebauung in diesem Abschnitt, zumindest direkt am Marmarameer, bis zu 100 km nahezu geschlossen ausgeweitet hatte. Bootete ich an einem Strand aus, um Einkaufen zu gehen, wurde ich sehr oft auf Deutsch angesprochen und es entwickelte sich immer ein sehr nettes unterhaltsames Gespräch. Oft versorgten mich die ehemaligen „Gastarbeiter“ mit guten örtlichen Informationen, wo ich am besten und günstigsten einkaufen konnte. Viele von ihnen hatten auch in München und Umgebung gearbeitet, was natürlich mit noch einem herzlicheren Gespräch einherging, manchmal sogar auf bayerisch.

 

Noch etwas ist mir aufgefallen: Die meisten der alten „Deutsch-Türken“ sprachen ein sehr gutes Deutsch, nicht das abscheuliche „Kanak-Sprech“ der sich selbst abschottenden islamisch-türkischen Parallelgesellschaft auf unseren heutigen Straßen. Scheinbar war die erste Generation der Angeworbenen noch bemüht, die Sprache ihres Aufnahmelandes zu erlernen, den Kontakt zu ihren Arbeitskollegen zu pflegen und sie hatten auch ein ganz anderes persönlicheres Verhältnis zu dem Land, in dem sie lange Zeit gearbeitet und gelebt hatten. Vielleicht war auch das ein Grund sich leichter zu integrieren, weil die meisten der frühen Zuwanderer aus dem europäischen, weitgehendst säkularisierten Teil der Türkei mit der geringsten Analphabetenrate stammten und viele nach Erreichen ihrer Rente wieder zurück in die Türkei gegangen waren, um sich am Marmarameer ein Häuschen zu errichten.

 

Auch im letzten ägäischen Abschnitt der Türkei war ich nicht mit der Obrigkeit auf irgend einer Weise in Berührung gekommen und erreichte bald den Evros, den Grenzfluss zwischen der Türkei und Griechenland. Auf der Nordseite des Deltas schlug ich mein Lager auf, bereits auf griechischem Boden.

 

Drei Dinge ließen aber den Entschluss zu einer Nachtfahrt reifen: die übergroße Neugierde der Fischer, die Lichter des knapp 20 km entfernten Alexandroupoli und insbesondere die dichte Wolke von aggressiven Mücken im Evrosdelta, die allen meiner Gegenmaßnahmen permanent strotzte. Das Lager war im Schein meiner Stirnlampe schnell abgebrochen und verpackt. Ich orientierte mich an den Lichtern der Stadt. Bei nahezu Windstille und einer leichten Dünung fuhr ich los. Ich nahm mir Zeit und übereilte die Überfahrt nicht. Ungefähr auf der halben Strecke ging vor mir ein Feuerwerk hoch - eine Ehrerbietung an die Sommer-Sonnenwende. Ich nahm an, dass es Mitternacht sein müsste. Die Discos und ein Openair-Konzert versorgten mich durch unüberhörbare Beschallung mit griechischen Weisen.

 

In meinem letzten Beitrag über den Umgang mit der Obrigkeit auf dem Balkan möchte ich von meiner Verhaftung auf der Insel Salamis und meinem Erlebnis mit den Betreibern des Kanals durch den Isthmus von Korinth erzählen.  

Eine persönliche Bemerkung zu den zur Zeit sehr beliebten Bushcraft-Videos und TV-Abenteuer-Reporten, die nicht bei den Outdoorseiten steht:

 

Es ist für mich halt doch ein großer Vorteil gewesen, wenn ich das „Überwinden von Hindernissen“ während meiner Militärzeit schon einmal in der Praxis durchexerziert habe und mir auch die Grenzen des Möglichen erklärt worden sind. Mit 56 Jahren ist das Hochklettern einer 3 Meter hohen Holzwand und das Herablassen auf der anderen Seite immer noch spielend möglich gewesen und jetzt, acht Jahre später, könnte ich es auch noch schaffen. Heute würde ich dieses Wissen und das Erlernen dieser Techniken in Outdoor-/ Survival-/Bushcraft-Lehrgängen jedoch teuer bezahlen müssen und vermutlich auch nur unzureichend vermittelt bekommen.

 

(Ironie an) Es sieht in den Lehrfilmen und Fernseh-Abenteuer-Reporten dieser kameratrunkenen TV-Experten immer aufregend und verwegen aus, wenn sich Teilnehmer an solchen Lehrgängen mit Hilfe eines starken Bergseils über eine ansonsten unüberwindbare, tiefe, felsige Schlucht, in der unten ein tosender Wildbach rauscht mehr oder weniger elegant hinüberhangeln. Das atemberaubende Szenario wird natürlich nur erklärt und man solle es in seiner Phantasie sich so vorstellen! Deshalb werden diese Szenen in der Regel von unten gegen den Himmel aufgenommen, um das alles spektakulärer erscheinen zu lassen. In Wirklichkeit überbrücken die Lehrgangsteilnehmer maximal ein kleine Senke irgendwo in einem deutschen Wald oder gar im Park hinter dem Fernsehstudio. Nur bei einigen privaten Sendern genehmigt man sich eine Quasi-Urlaubsreise mit einem „Extrem-Abenteurer“ nach Alaska, Südamerika, Australien oder in die Dschungel der Äquatorialzone. Aber hat jemals einer dieser Lehrgangsleiter und selbsternannten Outdoor-/Survival-/Bushcraft-Spezialisten schon einmal definitiv erklärt, mit welcher Technik er das mitgebrachte Seil auf der anderen Seite der „unüberwindbaren“, so an die 20 bis 30 Meter breiten Schlucht an einem Baum festbindet? (Ironie aus)